Kann die Schweiz den Ausstieg von 100'000 pensionierten Fachkräften pro Jahr stemmen? - jobbasel.ch
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Kann die Schweiz den Ausstieg von 100'000 pensionierten Fachkräften pro Jahr stemmen?

Veröffentlicht am 18.05.2023 von Marcel Penn, Marketing- und Verkaufsleiter Classifieds - Bildquelle: Getty Images
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Nicht nur in der Schweiz herrscht ein Mangel an Fachkräften. Als wäre dieses Problem nicht schon gross genug, geht jetzt die Generation der Babyboomer in Rente. Die nachrückenden jungen Arbeitskräfte können die Lücke der geburtenstarken Jahrgänge zahlenmässig nicht schliessen. Erstmals scheiden in der Schweiz jährlich rund 100'000 Erwerbstätige aus, die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) beziehen. Kann sich die Schweiz die hohe Zahl von pensionierten Fachkräften leisten, und wie steuert sie dagegen?
Pensionierte Fachkräfte in der Schweiz in Zahlen

Die Pensionierungswelle kommt nicht nur in der Schweiz so richtig ins Rollen. Grund ist die Generation der Babyboomer, die bis zum Ende dieses Jahrzehnts aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Zur Generation der Babyboomer gehören alle Menschen, die zwischen 1946 und 1964 geboren sind.

Diese Zeitspanne ist im Vergleich zu den Generationen X, Y und Z sehr weit gefasst. Ihren Namen verdanken die Babyboomer der Tatsache, dass der Wohlstand in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zunahm und deshalb besonders viele Babys geboren wurden. Nach allgemeiner Auffassung fand diese Generation mit der Markteinführung der Anti-Baby-Pille im Jahr 1965 ein Ende, was auch als Pillenknick bezeichnet wird.

Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik aus dem Jahr 2009 ist in der Schweiz der Jahrgang 1964 der geburtenstärkste und stellt insoweit den Höhepunkt des nationalen Babybooms dar. Dementsprechend wundert es nicht, dass die Zahl der Pensionisten in der Schweiz rasant steigt.

Im Jahr 2021 haben 96'292 Menschen zum ersten Mal AHV bezogen, während es im Jahr 2015 noch rund 10'000 weniger waren. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl bis zum Ende dieses Jahrzehnts auf mehr als 2,2 Millionen ansteigen wird. Aktuell sind in der Schweiz rund 1,7 Millionen Menschen pensioniert.

Die Arbeitsmarktschere als Indiz für den Verlust von Arbeitskräften

Noch nie gab es jährlich so viele neue Rentner, und noch nie war der Verlust an qualifizierten Fachkräften in der Schweiz so hoch. Zwar rücken junge Arbeitskräfte nach, doch die Lücke bei den Erwerbstätigen kann so nicht geschlossen werden. Ablesen lässt sich der demografische Wandel auch anhand der sogenannten Arbeitsmarktschere. Sie zeigt auf, wie viele Personen den Arbeitsmarkt verlassen und wie viele in den Arbeitsmarkt eintreten. Erstellt wird die Arbeitsmarktschwere vom Basler Kompetenzzentrum für Demografie, das Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung des Bundesamtes für Statistik (BFS) auswertet. Daraus ergeben sich folgende Informationen:
  • Mit Blick auf die demografische Entwicklung in der Schweiz gab es bislang immer mehr 20- als 65-Jährige.
  • Im Jahr 2019 hat sich die Alterspyramide verändert. Erstmals haben die 65-Jährigen die 20-Jährigen überholt.

Die Arbeitsmarktschere ist deshalb interessant, weil sie angibt, wie hoch die Zahl der Personen sein müsste, die pro Jahr einwandern müssten, um die Differenz auszugleichen und das Arbeitskräftepotenzial konstant auf dem Niveau von heute zu halten.

Fachkräftemangel und genereller Arbeitskräftemangel

Der Basler Demograf Manuel Buchmann sieht es als Herausforderung an, dass neben dem Fachkräftemangel auch noch ein genereller Mangel an Arbeitskräften entstanden ist. Das bedeutet, dass sich der Arbeitskräftemangel nicht nur durch bestimmte Branchen zieht, sondern neben hoch qualifizierten Fachkräften nun auch mittlere und weniger qualifizierte Berufe betrifft.

Diese Situation wird als Symptom einer alternden Gesellschaft angesehen. Klar ist auch, dass die Pensionierung der Babyboomer und damit der Einfluss der Demografie nicht nur den Arbeitsmarkt betrifft, sondern sich auf nahezu alle Bereiche der Gesellschaft auswirken wird. Der Wissenschaftler fordert deshalb Unternehmen und die Politik auf, den Tatsachen ins Auge zu sehen und Massnahmen zu ergreifen.

Die Zuwanderung allein kann die Lösung nicht sein, da die wichtigsten Zuwanderungsländer der Schweiz noch drastischer mit der Alterung der Gesellschaft zu kämpfen haben. Deshalb könnte es sein, dass die fetten Jahre nicht nur für die Schweizer Wirtschaft vorbei sind.